Südthüringen will Anbindung an den ICE-Bahnhof Coburg
Bahnlückenschluss soll untersucht werden
Kurzfristige Lösung mittels Schnellbus Coburg – Zella-Mehlis als Pilotprojekt einer Länder übergreifenden Zusammenarbeit
– von Gerd Weibelzahl –
Die zum Dezember 2017 bevorstehende Inbetriebnahme der Neubaustrecke Ebensfeld – Erfurt bringt neuen Schwung in die Diskussion, den südthüringer Raum an den ICE-Bahnhof Coburg anzubinden.
Die Notwendigkeit des Bahnbaus wurde in mehreren Gutachten nachgewiesen. So stellte die Prognos AG bereits 2012 fest, dass für den südthüringer Raum der ICE-Halt in der Landeshauptstadt für Fahrten Richtung Süden keinen Vorteil bringt, da der Fahrtzeitgewinn der Neubaustrecke weitgehend durch die Umwegfahrten nach Erfurt aufgefressen werden. Prognos kam damals zum Ergebnis, dass Coburg der zweite ICE-Systemhalt für Thüringen neben Erfurt ist.
Allerdings kann der ICE-Halt Coburg seine Wirkung für Südthüringen nicht entfalten, weil einerseits mit nur sechs Fahrten am Tag zu wenige ICE-Fahrten angeboten werden und es andererseits keine Bahnstrecke nach Coburg außer der umwegigen Verbindung über Sonneberg gibt. Eine ebenso vom Land Thüringen zusammen mit der IHK zu Coburg und der IHK Südthüringen beim Planungsbüro TTK in Auftrag gegebene Studie zeigte die Wirtschaftlichkeit des Lückenschlusses eindrücklich auf, da bei Dieselbetrieb ein Kosten-Nutzen-Faktor von über 6 ermittelt würde. Würde die Werrabahn auf der gesamten Strecke zwischen Coburg und Eisenach elektrifiziert, so würde sich immer noch ein Kosten-Nutzen-Faktor von annähernd 3 ergeben.
Je näher der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Neubaustrecke kommt, umso mehr fühlen sich die Südthüringer vom modernen Bahnverkehr abgehängt. Die Strecke verläuft in weiten Teilen durch den Landkreis Hildburghausen ohne dass es eine vernünftige Zugangsmöglichkeit gibt.
Erfreulicher Weise hat nun die Thüringer Landesregierung nach langen Jahren des Zögerns das Heft des Handelns übernommen und ihre Bereitschaft erklärt, ein Raumordnungsverfahren zur Ermittlung der Trasse des Lückenschlusses zu finanzieren. Zögerlich zeigt sich weiterhin das reiche Bayern. So wird behauptet, dass der Lückenschluss das Kriterium zur Finanzierung nach des Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung des Bundes (= 1000 Reisendenkilometer je Kilometer zu reaktivierender Strecke). Für die Strecke Coburg – Eisfeld müssten somit 20.000 Reisendenkilometer zusammen kommen. Um die Zahl möglichst klein zu rechnen, werden bei überregionalen Verkehren (z.B. von Coburg nach Meiningen mit €70 Personenkilometern je Fahrt) nur die auf den Abschnitt Coburg – Eisfeld entfallenden 20 Personenkilometer anerkannt.
Die Ursache der seit über einem Jahrzehnt zögerlichen Haltung in Bayern ist v.a. in der Trassendiskussion zu suchen. Im politischen Gespräch wird der Lückenschluss immer als wichtige Maßnahme genannt und es gibt sowohl im Landkreis Coburg wie auch in der Stadt Coburg mehrere Gremienbeschlüsse, das dieser wichtig ist. Zwischen Reden und Handeln klafft eine große Lücke, da die betroffenen Kommunen Bad Rodach und Lautertal dem Lückenschluss entweder ablehnend gegenüber stehen oder nur die Vorteile des Personenverkehrs nutzen wollen, aber nicht bereit sind, Güterverkehre zu akzeptieren.
Bad Rodach bekennt sich zwar zum Lückenschluss, möchte aber nur eine Personenverkehrsstrecke bauen lassen. Bei Baukosten von ca. Mio. € 140 allein für den Neubau Bad Rodach – Hildburghausen (d.h. ohne Ertüchtigung der Bahnstrecke Coburg – Bad Rodach) ist diese Position wirtschaftlich problematisch. Die Gemeinde Lautertal, durch welche die historische Werrabahn zwischen Coburg und Eisfeld verlaufen ist, macht es sich besonders leicht. Man wäre nicht gegen eine Bahnstrecke, aber gegen die Nutzung der historischen Trasse. Eine Benennung einer alternativen Fahrtmöglichkeit bleibt man schuldig.
Da vor Ort das „St.-Florians-Prinzip“ die Grundlage des Handelns darstellt, ist es für die Landesregierung ein Leichtes, auf die vorhandene Uneinigkeit in der Region zu verweisen und damit die Ablehnung des Projektes zu begründen.
Einstweilen verbleibt die Möglichkeit, auf den Bus zu setzen. Die VCD Kreisgruppe Coburg hat das Konzept eines Schnellbusses Coburg – Zella-Mehlis erarbeitet. Wenn es gelingt, die ca. 70 Kilometer von Coburg nach Zella-Mehlis innerhalb von 65 Minuten zurück zu legen, dann ist es möglich, die beiden RE-Linien Sonneberg – Coburg – Nürnberg (über Neubaustrecke zwischen Coburg und Bamberg) und Würzburg – Zella-Mehlis – Erfurt miteinander zu verknüpfen. Wenn auf der Buslinie alle Bahnangebote anerkannt und verkauft werden, dann dient die Schnellbuslinie als echter „Schienenersatzverkehr“. Die Politik in Südthüringen zeigt großes Interesse am Konzept und es ist zu hoffen, dass der Bus im Laufe des nächsten Jahres rollt.
Der Schnellbus kann als Initialzündung fungieren, um die verbesserungswürdige ÖPNV-Zusammenarbeit zwischen der bayerischen und Thüringer Seite zu forcieren. In anderen Bereichen wie dem Gesundheitswesen (Klinikverbund Regiomed), dem Naturschutz (Projekt „Grünes Band“), der Regionalplanung (Initiative Rodachtal) oder dem Tourismus (Tourismusregion Coburg-Rennsteig) gibt es bereits gute Beispiele einer Länderübergreifenden Zusammenarbeit. Die VCD Kreisgruppe Coburg sieht es als sinnvoll an, wenn die Thüringer Landkreise Hildburghausen, Schmalkalden-Meiningen und Sonneberg sowie die bayerischen Landkreise Coburg, Kronach und Lichtenfels sowie das Oberzentrum Coburg mittels eines Verkehrsverbundes Werra-Main zusammenarbeiten.