Der Fünf-Kapellen-Weg im Stadtsteinacher Oberland
von Siegfried Sesselmann
Wandern ist viel gesünder als nur antriebslos in der Sonne zu liegen. So reisen viele mit dem Ziel zu wandern beispielsweise zum Rennsteigweg, nach Südtirol, nach Mallorca oder nehmen sich den Jakobsweg vor. Doch auch in unmittelbarer Nähe gibt es herrliche, aber leider wenig bekannte Touren, die sowohl von der Wegstecke und den Ausblicken, als auch von den zu findenden Informationen einmalig schön sind.
So ist der 5-Kapellen-Weg im nahen Stadtsteinacher Oberland ein Ausflug, besser gesagt eine Wanderung wert. Sie beginnt bei 362 Höhenmetern, steigt auf maximal 637 m und geht wieder zum Ausgangspunkt zurück. Aber das Wunderbare an der 12 km langen Strecke sind fünf herrliche Kapellen, die zum Betrachten einladen. Nicht zu vergessen, es gibt auch drei Möglichkeiten einzukehren.
Man lässt sein Auto in Unterzaubach bei der Gaststätte Frankenwald stehen und läuft unmittelbar daneben den Weg hoch zur nahen Kriegergedächtsniskapelle. Dieses ehrwürdige kleine Gotteshaus wacht seit 1932 und entstand aus dem Bedürfnis der ehemaligen Gemeinde Zaubach, ein eigenes Gotteshaus zu besitzen. Aus Initiative des damaligen Krieger- und Veteranenvereins, an die neun gefallenen Väter und Söhne des 1. Weltkrieges zu gedenken, entwickelte sich das schmucke Gotteshaus zu einer Gebetsstätte. Auf der hell getünchten Kapelle ist ein Satteldach mit Dachreiter. Auf dem Altar steht eine Figur von „Christus in der Rast“. Neben Figuren und Bildern sind auf drei großen Tafeln an den Wänden die Namen der Gefallenen aus beiden Weltkriegen angebracht.
Bis 1996 schickte sich die Familie Georg und Margareta Sünkel mittags um 12 Uhr und abends um 19 Uhr siebenmal in der Woche an, zum Gebet zu läuten und das über 35 Jahre lang. Außerdem übernahm man noch die Pflege und Reinigung des schmucken Gotteshauses. Beim Tod eines Zaubachers „stimmelt“ die Glocke drei Mal. Früher stand hier noch ein Harmonium, das von Sofie Ott und Jakob Göldel zu Maiandachten gespielt wurde.
Seit 1971 liegt die Pflege und Erhaltung im Aufgabenbereich der Stadt. Da der Zahn der Zeit an der Kapelle nagte, entschloss man sich, ein neues Gotteshaus zu errichten. Mit unendlich großem Einsatz der Zaubacher und immenser Eigenleistung konnte zum Zaubacher Kirchweihsonntag, am 19. Oktober 2003 nach zweieinhalb Jahren Bauzeit die Weihe stattfinden.
Nun beginnt der weitere Weg Richtung Vorderreuth. Wie Serpentinen schlängelt sicdie geteerte Straße durch den Wald. Früher ging der Weg nach Vorderreuth fast schnurgerade 200 Höhenmeter nach oben bis nach in Eisenberg. Mitten in Vorderreuth steht die Hauskapelle der Familie Johann Schüßler. Im Jahre 1921 wurde von Johann und Anna Schüßler(Hausnummer 7), sowie von Nikolaus und Margareta Schüßler (Hausnummer 4) eine Kapelle errichtet, wie auf einem Schild über dem Eingang zu erfahren ist. „Zur Erinnerung an den Feldzug 1914 – 18. Im Kugelregen, Sturm und Wetter war stets Gott unser Retter“. Der Gerhard Schüßler und sein Sohn Frank hegen und pflegen mit ihren Frauen dieses Kleinod mit viel Liebe. Ein Blick durch das Fenster zeigt sieben Figuren auf einem Altar stehen, Bilder mit biblischen Szenen hängen an den Seiten.
Mit einer Stärkung im Ferienhaus Martinshof und nach Genuss des herrlichen Ausblickes geht die Wanderung weiter in Richtung Forkel. Vorbei ein Kreuzen mit dem Leib Jesu (corpus christi), vorbei an Marterln und Steinkreuzen erreicht man 800 m westlich vom Ort an einer Altstraße an der Abzweigung zum Einöd Forkel eine Wegkapelle. Diese ist aus Ziegelsteinen errichtet und mit einem schiefergedeckten Dach versehen. Auf der Kapelle ein Dachreiter mit Glocken und über dem Eingang ist eingemeißelt: „Erbaut/ von/ Joh. Kremer/1891“. Auf dem gepflegten Altar stehen eine Madonna sowie mehrere Figuren und Bilder. Davor erkennt man eine große Herz-Jesu-Figur. Den Forkelbauer gab es schon nachweislich vor 1700 mit dem Namen Tempel, der sich überall in unserer Gegend verbreitete. Im Jahre 1861 kam aus Altenreuth ein Johann Kremer und dieser Name erlosch nach genau 150 Jahren.
Kapelle bei Forkel
Mit 637 Höhenmetern ist der Forkelknock der höchste Punkt der Wanderung und man biegt nach 300 Metern auf die Straße rechts nach Schwand. Schon immer mussten die Einwohner von Schwand über Deckenreuth und die Boxmühle in die Kirche nach Wartenfels. Ein steiler und beschwerlicher Weg, besonders im Winter. Wer nun eine Einkehr braucht, ist bei der Familie Sesselmann in ihrem „Feststadel zum Eisbären“ herzlich willkommen. Inmitten des Ortes Schwand steht beim auf dem Weiterweg in den Gärten von Hausnummer 1 und 18 rechts die nächste Wegkapelle. Den hell gestrichenen Steinbau mit einen schiefergedeckten Satteldach errichtete Andreas Wunder aus Dankbarkeit für die glückliche Heimkehr aus dem Weltkrieg 1914/18. Zwischen sechs Heiligenfiguren erhebt sich erhöht in der Mitte auf dem Altar die Figur der heiligen Maria von Lourdes. Herrliche Bilder schmücken die Wände. Die ursprüngliche Kapelle wurde im Jahre 1998 weggerissen und die drei Brüder Wunder aus dem Haus Nummer 18 errichteten mit weiteren engagierten Nachbarn dieses Schmuckstück. Bei der Einweihung durch Pfarrer Adalbert Lachnit spielte der Musikverein Wartenfels und man pflegte wieder den Brauch der Maiandachten.
Wenn man nun weiter läuft, kommt man zur Staatsstraße 2195, die von Stadteinach kommend nach Presseck führt. Man überquert diese und geht links auf der schmalen geteerten Straße im Wald hoch bis zur Einmündung links nach Römersreuth. Mitten im Ort rechts gelegen wartet die letzte Kapelle unserer Wanderung.
Die Römersreuther Kapelle ist den heiligen Zwillingen St. Benedikt und St. Scholastika geweiht und ist die jüngste der fünf Kapellen, die erst im Oktober 1990 eingeweiht wurde. Die Idee zur Erbauung dieses schmucken Gotteshauses liegt aber noch 32 Jahre zuvor. Im Jahre 1856 heiratete ein Johann Pfreundner aus Schöndorf in das Anwesen Hohner Nummer 6. Aus dieser Linie Pfreundner verstarb im Jahre 1958 Karolina Schuberth, eine geborene Pfreundner und ihr Bruder Karl musste auf ihrem Sterbebett versprechen, eine Kapelle zu errichten. Doch erst im Jahre 1985 begann Rudolph Zickert, der mit Gertrud, geborene Pfreundner verheiratet ist, zusammen mit Armin Pfreundner das Versprechen in die Tat umzusetzen. Man wählte das Bauprinzip des Goldenen Schnittes (alles im Verhältnis 5:3). Im Innenraum steht ein Altartisch mit den vier Evangelistensymbolen und ein Kreuz mit den Initialen JNKJ (lateinisch INRI). Auf dem Schieferdach leuchtet ein vergoldetes Kreuz, das von Familie Kremer gestiftet wurde. Der Weg der Glocke führt aus einem aufgelösten Kloster der Vinzentinerinnen in Berlin über Trebgast, wo sie im Dachboden schlummerte, bis nach Römersreuth, wo sie seit 2009 sonntags um 12 Uhr läutet. Traditionell am Pfingstmontag findet eine Wallfahrt von Stadtsteinach nach Römersreuth statt.
Kapelle in Römersreuth
Genau diesen „Wallfahrtsweg“ betreten wir, wenn man den Ort wieder Richtung Schwand verlässt, jedoch vorher links abbiegt. Ein Weg mit herrlichen Ausblicken, Frankenreuth links liegend, fast am Gipfel der Grünbürg vorbei die Alte Pressecker Straße hinab nach Stadtsteinach. Diesen Weg mussten früher die Einwohner von Römersreuth in die Kirche nach Stadtsteinach laufen, denn sie gehörten nicht zur Pfarrei Wartenfels. Unten angekommen biegt man rechts in die Grünbürgstraße bis zur Bundesstraße. Nachdem man recht abbiegt und den Radweg bis Unterzaubach läuft, sieht man den Ausgangspunkt mit der Gaststätte Frankenwald wieder. Dort kehrt man noch ein und stärkt sich nach der Wanderung auf dem Fünf-Kapellen-Weg.