Fastnacht in Franken
– eine Betrachtung von Peter Purrucker –
„Tanz, Musik und Büttenreden vom Feinsten in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen“ – so beschreibt der Bayerische Rundfunk (BR) „seine“ auch 2018 weit über Franken hinausgreifende und nicht nur quotentechnisch sehr erfolgreiche Sendung in seiner Internetpräsenz.
Da tat es der Stimmung auch keinen Abbruch, dass der damalige Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer mit seinem „Ministerpräsidenten-Kostüm“ (dunkler Anzug, Fliege) und auch der Innenminister Joachim Hermann (mit seinem gefühlt schon 93-mal getragenen Cowboy-Kostüm) diesmal nicht anwesend waren. Die Stellung der Staatsregierung hielt Markus Söder, der wieder mit hervorragendem Outfit als Prinzregent Luitpold auf- und gefiel.
Man wird aber anmerken dürfen, dass die so erfolgreiche Sendung mittlerweile Gefahr läuft, an Glanz zu verlieren, und zwar, weil sie sich nach meiner Meinung zu sehr auf die bewährten Kräfte verlässt, also z.B. Volker Heißmann und Martin Rassau, Michl Müller, Putzfrau Ines Procter, Bauchredner Sebastian Reich („Amanda“), Oti Schmelzer und andere. Die sind zwar alle gut, aber frische, noch weniger bekannte Kräfte sollten mehr einbezogen werden. Klasse, auch weil noch nicht so bekannt, waren z.B. die „Amorbacher Klostersänger“. An deren Auftritt konnte man auch sehen, dass bei aller Inszenierungs- und Regiearbeit das Publikum im Saal immer ein chaotisches, da nicht exakt vorhersehbares Element darstellt. Begeisterung im Saal z.B. beim Beitrag der Klostersänger „Viva Franconia“. Ähnlich auch die Reaktion auf den Auftritt von Matthias Walz, der sich des Themas „100 Jahre Freistaat Bayern“ annahm und dazu zunächst in Bayern-Ambiente und er selbst als weiß-blauer Bayer auftrat. Der „Knaller“ war dann seine Verwandlung in einen Franken, der Saal ging frenetisch mit. Schwach diesmal die Altneihauser Feierwehrkapell´n, deren „Franken-Bashing“ allmählich nur noch nervt. Viel besser kommen Beiträge an, die spezifisch fränkisch sind, wie z.B. die von Oti Schmelzer aus dem Steigerwald oder von Michl Müller aus der Rhön.
Was bleibt? Das gute Gefühl, dass es Franken (und nicht Ober-, Mittel- Unterfranken) sind, die so Erheiterndes und dies in fränkischer Mundart und qualitativ hochwertig auf die Bühne bringen können. Und das weniger gute Gefühl, dass es da doch noch viel mehr authentisch Fränkisches in der gesamten kulturellen Szene in unserer Region gibt, was wir aber in Rundfunk- und Fernsehprogrammen des Bayrischen Rundfunks allenfalls nur ansatzweise finden.
Und nächstes Jahr? Wird Markus Söder in das „Ministerpräsidenten-Kostüm“ umsteigen oder uns wieder mit gelungener Verkleidung überraschen? Taucht Joachim Hermann wieder als Cowboy auf oder fällt ihm vielleicht doch einmal was Besseres ein? Welche neuen Figuren aus dem dann ebenfalls neuen bayerischen Kabinett werden wir sehen? Und gibt es endlich auch einmal Beiträge aus dem baden-württembergischen oder thüringischen Franken?